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Die digitale Welle hat eine Branche ganz besonderes überrollt: die Medien. Die Jungen tummeln sich nur noch auf den sozialen Kanälen, und Geld mit Journalismus zu verdienen, wird immer schwieriger. SRF-Wirtschaftsredakteurin und Alumna Patrizia Laeri sieht aber auch viele Vorteile und Chancen für die Branche.
Nein, glaubwürdige und unabhängige Medien sind wichtiger denn je. Fotos und Stimmen von Lesern und Zuschauern können einen Bericht bereichern, ersetzen aber nicht eine professionelle Recherche.
Ja, die Werbeeinnahmen sinken seit Jahren dramatisch, besonders bei den Printmedien. Beim Fernsehen ist es noch etwas besser; vor allem Sport- und Informationssendungen haben immer noch hohe Marktanteile.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Gebührengelder eine wichtige Finanzierungsquelle sind. Um eine unabhängige Berichterstattung zu garantieren, werden sie sogar immer wichtiger. Ein Blick nach Amerika zeigt es: Dort gibt es keine öffentlichen unabhängigen Sender, und die Medien haben grosse Probleme mit der Glaubwürdigkeit.
Ein positives Beispiel ist das digitale Magazin «Republik», das 2018 an den Start gehen wird: Mit über 3,4 Millionen Schweizer Franken ist es weltweit das erfolgreichste Crowdfunding-Projekt in der Medienbranche. Hier sind Journalisten und Abonnenten selbst zu Verlegern geworden. Der Erfolg ist beeindruckend und gibt Hoffnung für den Journalismus.
Eine durchdachte Digitalkampagne. Spannend war auch, dass unter den Gründern Journalisten waren, die selbst schon viele Follower auf sozialen Medien hatten und somit viele Menschen erreichen konnten. Das wird immer wichtiger, auch für den einzelnen Journalisten.
Für die Zukunft sind auch «Pay-per-Follower»-Modelle denkbar. In der Modebranche ist das bereits heute der Fall: Viele Labels arbeiten nur noch mit jenen Fotografen und Models zusammen, die die meisten Follower haben. So ist der Distributionswert viel höher. Auch bei SRF ist es ein wichtiger Teil der Digitalstrategie, dass wir Journalisten auf den sozialen Kanälen präsent sind, experimentieren, interagieren.
Ja, Digital Storytelling will gelernt sein: Es braucht Kreativität, und man muss dranbleiben, sonst gewinnt man keine Follower. Influencer sind keinen Tag offline. Auch ich poste unter der Woche jeden Tag etwas auf Twitter.
Zum einen ist Twitter besonders für Medienschaffende ein sehr gutes Recherchetool. Ich könnte es mir nicht mehr ohne vorstellen. Zum anderen entstehen neue Netzwerke: Über mein Profil auf den Social Media werde ich auch für Fachtagungen zu wirtschaftlichen Themen und zur digitalen Transformation angefragt.
Wie beeinflusst der Online-Trend zu knackigen bis reisserischen Headlines Ihre Arbeit? Muss auch seriöser Journalismus vermehrt Sensationsgelüste befriedigen, um überhaupt Gehör zu finden?
Beim Fernsehen war es schon immer so, dass wir stark personifizieren. Geschichten laufen über Köpfe. Wir müssen einfach und verständlich erzählen. Das mag man als reisserisch bezeichnen – ich finde, es ist eine gute Art des Storytelling. Wobei in unseren publizistischen Leitlinien klar vorgegeben ist, dass bei kontroversen Themen beide Seiten die Möglichkeit haben müssen, ihre Argumente darzulegen.
Das ist richtig, Channel Management wird immer wichtiger: Was stellen wir auf welchem Kanal zur Verfügung? Für mich wäre es marktlogisch, alle SRF-Wirtschaftsinhalte auf einen SRF-Wirtschafts-Youtube-Channel zu stellen.
Ja, vor allem – aber nicht nur – beim jungen Publikum. Das Schöne daran: Wir vom Fernsehen sind ja Profis im Bereich der Bildmedien. Video wird nicht aussterben. Das stimmt mich sehr optimistisch. Auch die Produktion ist viel einfacher geworden – mittlerweile führe ich einfache Interviews mit iPhone und professionellem Mikrofon, und die Qualität ist sehr gut.
Ja, in der Produktion ist das schon länger der Fall. Wir arbeiten heute mit Roboterkameras. Das ist natürlich eine Disruption sondergleichen. Davor waren in der Regie sieben bis acht Leute, jetzt gibt es einen Multitechniker, der alles macht.
Ich habe angefangen, richtig programmieren zu lernen. Klar habe ich während des Studiums bereits lustlos html programmiert, aber mit den neuen Programmier-Lern-Apps macht es Spass: jeden Tag zehn Minuten, bevor ich schlafen gehe. Für mich ist es auch deshalb wichtig geworden, weil auf meine Kinder bereits in der Primarschule Coding-Camps warten. Für mich ist es unvorstellbar, dass sie etwas lernen, das ich nicht verstehe!
Ja, ganz klar. Man kann sich nicht die Digitalisierung auf die Fahne schreiben und gleichzeitig nicht aktiv sein auf den neuen Kanälen, das ist für mich ein klarer Widerspruch. Social Media bieten eine hervorragende Plattform, um mit den Mitarbeitenden zu kommunizieren.
Autorin: Priska Feichter
Bilder: Rodolfo Sacchi