Navigation auf uzh.ch
In der neuen Folge von «Studi meets…» spricht Lehrdiplom-Student Benjamin Weber mit Alumna Stéphanie Tschanz darüber, wie sich der Unterricht – auch durch Künstliche Intelligenz – seit ihrer eigenen Schulzeit verändert hat.
Benjamin: Warum bist du Lehrerin für Wirtschaft und Recht geworden?
Stépahnie: Eigentlich hatte ich das gar nicht vor. (lacht) Nach meinem Studium in BWL und Banking and Finance habe ich in der Bank gearbeitet und Kinder bekommen. Zum Job als Lehrperson kam ich eher spontan. Was hat dich dazu bewogen, das Lehrdiplom zu machen?
Benjamin: Einen Einfluss hatten sich er meine Eltern, die beide Musiklehrer:innen sind. Zum einen reizt es mich, mit jungen Menschen zu arbeiten. Zum anderen ist es etwas für später im Leben. Ich möchte zuerst Berufserfahrung in der Privatwirtschaft sammeln und danach für mehr Work-Life-Balance in den Lehrerberuf einsteigen.
Stéphanie: Die Vereinbarkeit mit der Familie war auch einer meiner Beweggründe. Mein jüngster Sohn hat gerade angefangen, an der UZH Banking and Finance zu studieren. Es ist spannend, wie sich das Studium verändert hat, auch mit der Digitalisierung. Bereiten wir die Schüler:innen an der Kanti deiner Meinung nach gut auf das Studium vor?
Benjamin: Ich hatte damals Wirtschaft und Recht als Schwerpunktfach. Das hat mich gut auf das Studium vorbereitet, besonders wegen der Fachbegriffe. Aber es ist schon anders. An der Kanti hast du am Vorabend angefangen, für eine Prüfung zu lernen. Und jetzt verfolgst du über Monate ein Ziel – die Prüfung zu bestehen. Welche Herausforderungen erwartest du in Zukunft in diesem Beruf?
Stéphanie: Künstliche Intelligenz (KI) wird den künftigen Unterricht prägen. Das müssen wir vertieft miteinander diskutieren, denn es ändert die Art und Weise, wie wir unterrichten. Welche Lehrinhalte machen noch Sinn, wenn man gute Tools zur Verfügung hat? Und wie kann man überprüfen, ob das Tool gut ist? Dazu braucht man Wissen.
Benjamin: Bevor du einen Taschenrechner benutzen kannst, musst du wissen, wie man rechnet. So ist es auch mit KI.
Stéphanie: Wie thematisiert ihr das im Studium?
Benjamin: Bei meiner Masterarbeit durfte ich ChatGPT verwenden, musste aber eine Erklärung unterschreiben, dass ich die Verantwortung für den Inhalt übernehme, nicht plagiiere und alle Quellen korrekt angebe.
Stéphanie: Welche Herausforderungen erwartest du im Lehrerberuf?
Benjamin: Momentan ist es herausfordernd, überhaupt eine Stunde zu planen. Zudem bin ich in Recht noch kein Experte. Tatsächlich habe ich fast mehr Angst, von der Uni zurück an die Kanti zu gehen, als damals von der Kanti an die Uni zu wechseln. (lacht)
Stéphanie: Mit jeder Klasse wirst du besser. Je vertrauter du mit der Materie bist, desto spontaner kannst du Inhalte einbauen. Wirtschaft und Recht ist so vielseitig und lässt dadurch viele Bezüge zum aktuellen Geschehen zu.
Benjamin: Würdest du also sagen, dass sich dein Unterricht ständig verändert?
Stéphanie: Absolut! Bei Wirtschaft und Recht stimmt es definitiv nicht, dass man den Unterricht nur einmal vorbereiten muss und dann die Beine hoch legen kann. Natürlich gibt es zeitlose Inhalte. Aber es ist viel spannender, wenn die Schüler:innen durch aktuelle Medien aktiv in den Unterricht eingebunden werden und Themen behandelt werden, die für sie relevant sind. Das sollte auch so sein – schliesslich sind wir alle Bürger:innen mit Rechten und Pflichten und nehmen jeden Tag am Wirtschaftsgeschehen teil. Was unterscheidet in deinen Augen die heutige Gymi-Generation von deiner eigenen?
Benjamin: Ich war am Montag an einer Kanti und mein Eindruck ist, dass die Dynamiken recht ähnlich sind. Ich habe teilweise gestaunt, wie gut die Schüler:innen aufgepasst und mitgemacht haben. Da ging es bei uns manch mal ganz anders zu und her. Was meinst du dazu?
Stéphanie: Ich habe damals die C-Matur gemacht. Wir waren die einzige naturwissenschaftliche Klasse, in der es viele Mädchen gab. In der ersten Lektion kam die Lehrperson herein und sagte: «Ihr Mädchen, vergesst es. Am Ende der Probezeit seid ihr alle draussen.» Nach jeder Prüfung sagte er zu uns, dass wir schlecht seien. Das hat uns als Klasse zusammengeschweisst.
Benjamin: Wie haben die Jungs auf so etwas reagiert?
Stéphanie: Vieles wurde einfach hingenommen. Heute würde man sich dagegen wehren. Andererseits gab es auch seitens der Lernenden Verhalten, das heute wohl nicht toleriert wäre. Wir durften zum Beispiel bei einem Lehrer in der hintersten Reihe im Unterricht stricken, weil er fand, dass es das Denken anregt. Damals war fast alles Frontalunterricht und etwas von oben herab. Heute ist der Unterricht mehr auf Augenhöhe.
Autorin: Janine Hammer
Bilder und Video: Esteban Castle