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De Foifer und s’ Weggli: Funktioniert das wirklich? Die EMBA Absolventinnen Salomé Iglesia und Johanna Vidlund sind zwei Powerfrauen, die auf nichts verzichten. In der kommenden Dezember Ausgabe des Oec. Magazins verraten sie ihr Erfolgsrezept: Engagement, eine positive Sicht auf Neues und die Selbstverständlichkeit, Verantwortlichkeiten zu teilen.
Freitagnachmittag, Impact Hub am Zürcher Sihlquai: Jeder Arbeitsplatz, den die Unternehmer-Community Start-uppern, Kreativen und Jungunternehmern zur Verfügung stellt, ist besetzt. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen, der Ort vibriert vor Energie.
Das passt zu den zwei Karrierefrauen, die wir hier treffen: In ihren Heimatländern Spanien und Schweden haben Salomé Iglesia und Johanna Vidlund beide ein technisches Studium abgeschlossen, sind heute in der Schweiz als Produktmanagerinnen bei Siemens und Equatex tätig und haben an der UZH den Executive MBA absolviert. Zudem unterstützen beide seit einem halben Jahr als Business Angels junge Unternehmen und haben je zwei Kinder.
Trotz eines fordernden 100-Prozent-Jobs und familiärer Verpflichtungen strahlen beide eine überzeugende Mischung aus Ruhe, Selbstbewusstsein und Energie aus. Was ist das Geheimrezept dieser zwei vielseitig engagierten Frauen? «Einen Masterplan hatte ich nie», meint Johanna Vidlund zu ihrem Werdegang. «Man schaut, was im Rucksack ist, was spannend aussieht und geniesst die Reise.» Offenheit, Engagement und eine gesunde Portion Sturheit haben den beiden studierten Ingenieurinnen auf ihrem Weg geholfen, da sind sie sich einig.
«Ausschlaggebend für den Erfolg ist Begeisterung für Neues und eine positive Sicht auf Herausforderungen», ergänzt Salomé Iglesia. Es überrascht daher nicht, dass ihr das EMBA-Studium neue Energie gab. Dort lernte sie auch ihre schwedische Studienkollegin kennen. Beide schätzen den lokalen Charakter des Netzwerks, das sie während des Studiums aufbauen konnten. Dieses Netzwerk ist nach wie vor sehr aktiv: 17 Personen aus der Abschlussklasse von 2016 gründeten gemeinsam auf der Studienreise in Yale die Owl Business Angels und unterstützen heute junge Unternehmen.
Die beiden Expats sind aber nicht erst seit dem EMBA von der Gründerszene begeistert. Sie gründeten bereits während des Studiums in ihren Heimatländern je ein Start-up. «Man kämpft für eine Geschäftsmöglichkeit, an die man stark glaubt, das ist eine extrem wertvolle Erfahrung», erzählt Johanna Vidlund.
In der Zwischenzeit leben und arbeiten beide Alumnae seit über zehn Jahren in der Schweiz. Salomé Iglesia schätzt vor allem die Liebe der Schweizer zum strukturierten Denken und Vorgehen: «Das ist für mich Arbeitsqualität, man kann viel besser planen als in Spanien.» Johanna Vidlund hingegen sieht in punkto Grundwerte und Arbeitsweise viele Gemeinsamkeiten zwischen ihrem Heimatland und der Schweiz: «In Schweden machen wir auch lange Meetings, um einen Konsens zu finden.»
Neu jedoch war für Johanna Vidlund die wiederkehrende Frage, ob sie sich mit ihrer Berufswahl zur Ingenieurin in der Minderheit fühle: «Als ich bei meinem ersten Praktikum damals in Deutschland gefragt wurde: ‹Was, du studierst Maschinenbau? Aber du bist doch geschminkt!›, war ich zunächst irritiert. Aber auch heute noch sind Leute hierzulande von meiner Berufswahl überrascht», lacht sie.
Generell sei die Gesellschaft im deutschsprachigen Raum sehr stark von Geschlechtervorstellungen geprägt, es gebe klare Erwartungen an Frauen und Männer, sowohl beruflich als auch privat. Das Rollenbild verändere sich hier grundsätzlich langsamer, empfindet Salomé Iglesia. «Bei mir haben beide Elternteile voll gearbeitet. In Spanien ist es normal, dass Frauen mit einer guten Ausbildung Karriere machen wollen. Darüber hinaus bieten die niedrigen Löhne in Spanien wenig Raum für finanzielle Abhängigkeit vom Mann.» Es ist daher normal, dass Frauen Kinder bekommen und gleichzeitig Karriere machen. Beide Frauen sind überzeugt, dass nicht nur die eigene Familie davon profitiert, sondern auch die Gesellschaft.
Als Exotinnen fühlen sich die beiden hier dennoch nicht, und sie seien auch keine Ausnahme. Sie tun lediglich das, was viele Männer tun: Sie kombinieren Karriere und Kinder. So wird bei beiden Familien alles 50/50 geteilt, sowohl die Kindererziehung als auch das finanzielle Einkommen und letztendlich die Verantwortung, alles unter einen Hut zu bringen. «Unsere Ehemänner müssen denselben Spagat meistern, bekommen jedoch weniger Anerkennung dafür als wir», sagt Salomé Iglesia.
Damit die Teilung von Verantwortung funktioniert, müssen Männer lernen, in gewissen Bereichen mehr Platz einzunehmen, und Frauen müssen diesen Platz freimachen. Es sei auch eine tolle Chance für Männer, ebenfalls als volle Bezugsperson für die Kinder da zu sein. «Es ist ein Win-win-Effekt, den beide Elternteile nutzen sollten», findet die Spanierin.
Dabei ist nicht der Verteilungsschlüssel ausschlaggebend, sondern, dass beide Partner den Alltag mit denselben Rechten und Pflichten bestreiten. «Wenn die Kinder krank sind, schauen wir auf den Kalender und fragen uns, wer den kleineren Kompromiss eingehen muss, oder wir suchen eine andere Lösung», erklärt Johanna Vidlund.
Dass man bei diesem Familienmodell nicht materiell getrieben sein darf, versteht sich von selbst. «Viele sagen sich, wie kann man nur so viel Geld in die Kita stecken. Aber mein Anliegen ist es, mein Leben so zu gestalten, wie ich es gerne leben möchte.»
Dazu gehört für beide Frauen, dass sie nicht auf Freizeitbeschäftigungen und ihr Sozialleben mit Familie und Freunden verzichten möchten. Kritisch auf die Machbarkeit angesprochen, wird schnell deutlich: Alles Unnötige im Leben ist zu streichen. In einer Stunde ist Staub gesaugt, der Haushalt sowie der Kleiderschrank sind organisiert, Lieferservices der Grossisten bringen die gesamte Einkaufsliste.
Johanna Vidlund ist pragmatisch: «Ich habe zum Beispiel fast nur einfarbige Kleidungsstücke zum Kombinieren. Ich kann am Morgen nicht 30 Minuten vor dem Schrank stehen und mir überlegen, was ich anziehen soll.» Eine effiziente Organisation und gutes Time-Management helfen dabei, Arbeit, Familie, ein Weiterbildungsstudium und Freizeit zu kombinieren: «Ich habe immer noch alles, einfach alles in kleinerer Dosis», fasst Salomé Iglesia zusammen.