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Nachhaltigkeit hat er immer gross geschrieben, schon als Student an der Universität Zürich. Heute ist er Gründungspartner einer jungen Privatbank, die andere Wege geht. Alumnus Daniel Muntwyler hat gelernt, Geld so zu bewegen, dass es einen nachhaltigen Fussabdruck hinterlässt.
Sein Studium absolvierte Daniel Muntwyler noch vor der Bologna-Reform, in den Achtzigerjahren. Damals, so glaubt er, sei die Uni noch freiheitlicher gewesen. Und man habe damals nicht einfach nur studiert. Etliche waren darauf angewiesen, ihr Studium und ihren Lebensunterhalt als Werkstudenten zu finanzieren. Der Zufall wollte es, dass Daniel Muntwyler darum beim Migros-Genossenschaftsbund landete, wo er jeweils zwei Nachmittage lang in einer Beratungs-Einheit arbeitete. Die Migros beschäftigte sich schon früh mit ökologisch hergestellten Produkten – prägend für den jungen Studenten, wie sich später zeigen sollte.
Der Nebenjob zur Finanzierung des Studiums reichte dem vielseitig interessierten Muntwyler aber noch nicht. So engagierte er sich in der der Association Internationale des Etudiants en Sciences Economiques et Commerciales (AIESEC), heute noch die grösste Studentenorganisation weltweit. «Wir waren 20 Studentinnen und Studenten, die rundum für die 60 Praktikantenplätze aus dem Ausland sorgten, die uns zur Verfügung standen – von der Unterkunft bis zum Partyleben.» Auch diese Beschäftigung blieb nicht ohne Einfluss auf den jungen Studenten. Die weite Welt lockte ihn nach Südostasien, in eine Kinderkleiderfabrik auf den Philippinen.
Nicht gerade das, was sich seine Eltern für den damals 22-Jährigen wünschten. «Als ich ankam, war gerade ein Putsch gegen die damalige Präsidentin Corazon Aquino im Gange.» Überhaupt war es anfangs schwierig, Fuss zu fassen, in der Fabrik eine Position zu finden. «Ich muss ehrlicherweise sagen, auf mich hat niemand gewartet», sagt er heute. Die philippinische Firma habe halt einen aus der Schweiz nehmen müssen, weil die Tochter des Patrons im Austausch ein Praktikum absolvieren wollte.
Nichtsdestotrotz lebte sich Muntwyler ein und fand sich immer besser zurecht. Beeindruckt von der neuen Kultur und den anderen Lebensumständen sollte es bald nicht mehr der klimatisierte Wagen des Patrons aus dem behüteten Villenviertel sein, der ihn zur Arbeit fuhr. Vollgepferchte Taxi-Jeeps, essen von Hand aus Schüsseln, die in der Kantine einfach auf den Tisch gestellt wurden – Muntwyler passte sich an.
Und er traf bald auf verbesserungsfähige Abläufe in der Fabrik. Vor allem das Bestellwesen der Stoffe lief noch vorsintflutlich ab: handschriftlich auf riesigen Listen, umständlich und chaotisch anmutend, oft doppelspurig. Mit Hilfe eines anderen Praktikanten gelang es ihm, in der Fabrik Vertrauen aufzubauen – keine Selbstverständlichkeit als junger, noch wenig erfahrener Ausländer – und die Abläufe zumindest etwas zu modernisieren.
Zurück in der Schweiz entschloss sich Daniel Muntwyler zu einem einjährigen Nachdiplomstudium für Entwicklungshilfe. Nachhaltigkeit war plötzlich in aller Munde – ein Begriff, der zuvor wenig Verwendung fand. In die staatliche Entwicklungshilfe wollte er allerdings nicht. «Für mich war klar, ich wollte nur etwas machen, was auch eine unternehmerische Komponente enthält.» Und wieder spielte der Zufall Schicksal, als ihn ein Dozent der Wirtschaftsgeographie auf eine neuartige Stiftung des Schweizer Unternehmers Stephan Schmidheiny aufmerksam machte: Fundes, eine Stiftung zur nachhaltigen Entwicklung des Privatsektors in Lateinamerika. Heute in elf lateinamerikanischen Ländern tätig, vergab sie damals als eine der ersten Garantien für Kleinkredite zur Anschubfinanzierung.
Das war genau, wonach Muntwyler suchte. Er stieg ein und wirkte für Fundes in Costa Rica, Panama, Kolumbien und Bolivien. In Bolivien managte er selber die Kleinkreditvergabe an Schreinereien, Bäckereien und Sanitärgeschäfte, um neue Maschinen anzuschaffen oder andere Klein-Investitionen in die Produktion zu tätigen. Das Garantiekapital stammte je zur Hälfte aus Schweizer Unternehmerspenden und von lokalen Unternehmern. Auch hier war Muntwylers Fähigkeit gefragt, Vertrauen aufzubauen – bis der Schreiner einsah, dass er eine Buchhaltung brauchte, welche schwarz auf weiss aufzeigte, was mit dem erhaltenen Geld geschah. Und es brauchte neue Wege: «Ökoeffiziente Technologien dienten bereits damals als Massstab für die Kreditvergabe.»
Wieder zu Hause in der Schweiz ging es um die Suche nach einer neuen Herausforderung. Reto Ringger, ein guter Freund von Muntwyler, fing an, einer bislang ungewohnten Frage nachzugehen: Können Geldanlagen zu ökologischen Problemlösungen beitragen? Die Antwort lautete nicht nur ja, es liess sich damit auch noch Geld verdienen. Ringger hatte bereits die SAM-Bankgruppe gegründet und Muntwyler stieg ein. Die ersten Diskussionen über Nachhaltigkeit von Geldanlagen mit potentiellen Kunden verliefen nicht gerade ermutigend: «Das tönt ja wie bei Joschka Fischer in Deutschland. Jesses Gott, das ist ja schrecklich. Damit wird die Wirtschaft abgewürgt.» Das Gegenteil war der Fall, der neue Vermögensverwalter geschäftete plötzlich sehr erfolgreich mit seinen nachhaltigen Fonds. So erfolgreich, dass die privaten Investoren die Gruppe mit inzwischen 120 Mitarbeitenden kurzum an die holländische Rabobank verkauften.
Was nun? «Wir waren alle viel zu jung, um aufzuhören und alle nicht überzeugt von den vorherrschenden Interessenkonflikten der heutigen Bankenwelt», sagt Daniel Muntwyler heute. Vier Ex-Partner von SAM gründeten deshalb vor vier Jahren eine neue Privatbank, die Globalance Bank. Jedes Portfolio besitzt einen klaren Bewertungsraster. Welche Investition ist ökologisch sinnvoll? Welche ist langfristig wettbewerbsfähig? Welche sozialverträglich? Oder anders gefragt: Welchen Fussabdruck hinterlässt mein Geld? Beispielsweise bei Investitionen in eine neue Technologie zur Wassergewinnung?
Langfristiges Denken und Handeln sind gefordert. Das Ganze soll sich schliesslich rechnen, was es auch tut mit vernünftigen Renditen. Und die Kunden reagieren zunehmend positiv: «Manchmal diskutieren sie inzwischen mit uns fast mehr über den qualitativen Fussabdruckteil einer Anlage als über den quantitativen,» freut sich Muntwyler. Kein Wunder schaffte es die Bank im BILANZ-Rating auf dem ersten Rang der Schweizer Privatbanken.