FOKUS 4 Lust auf Vielfalt Wie Diversität neue Perspektiven eröffnet D iversität zu fördern, ist nicht nur richtig, sondern klug. Denn jeder Mensch ist per se einzigartig und sorgt für Heterogenität in unserer Gesellschaft. Mehr Vielfalt bedeutet deshalb mehr Perspektiven, bessere Ideen und kreativere Lösungen. Wie erleben betroffene und engagierte Personen innerhalb der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WWF) Diversität? Und mit welchen Projekten und Initiativen begegnen die UZH und WWF dem Thema? Das Oec. Magazin auf der Spur von Perspektivenvielfalt und Chancengleichheit. Oec. Juni 2021

FOKUS HINTERGRUND 6 Diversität: Alles inklusive Diversität ist gesellschaftspolitisch brandaktuell, aber gleichzeitig auch äusserst persönlich. Welche Erfahrungen machen betroffene und engagierte Personen und wie kann jede*r Einzelne zu mehr Diversität beitragen? Ein Plädoyer für Offenheit, Perspektivenvielfalt und Chancengleichheit. Text _ Maura Wyler V on der Frauenbewegung über Black Lives Matter bis hin zu LGBT+ Equality oder Diversity Management in Unternehmen – Diversität begegnet uns zurzeit in den verschiedensten Facetten. So vielfältig die Rufe nach Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Toleranz auch sind, so klar ist doch die gemeinsame Botschaft: Es braucht ein Umdenken, um Diskrimi- nierung, Benachteiligung und Vor- urteile zu bekämpfen und um Diversi- tät als gesellschaftlichen Wert zu etablieren. Doch was bedeutet eigentlich Diversität? Als Konzept entstand Diversität im Kampf gegen Diskrimi- nierung und Rassismus während der Bürgerrechtsbewegung in den USA in den 1960er Jahren. Heute versteht man Diversität als ein Konzept zur Unterscheidung und Anerkennung von Gruppen­ und individuellen Merk­ malen wie Alter, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und soziale Herkunft. «Jenseits solcher klassischen sozialen Kategorisierungen kann man den Begriff der Diversität natürlich auch ausweiten auf indivi­ duelle Differenzen, wie beispielsweise persönliche Charakterzüge oder kognitive Stile», ergänzt David Seidl, Professor für Organisation und Management sowie Mitglied der Gleichstellungskommission der UZH. «Diversität bedeutet für mich, dass sich Vielfalt auf Basis des Grundsatzes der Gleichheit aller entwickeln kann», «DIVERSITÄT BEDEUTET FÜR MICH, DASS SICH VIELFALT AUF BASIS DES GRUNDSATZES DER GLEICHHEIT ALLER ENTWICKELN KANN.» Tania Weinfurtner Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Betriebswirtschaftslehre, Leiterin des Mentoringprogramms «CareerElixier» sagt Tania Weinfurtner, wissenschaft- liche Mitarbeiterin am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Leiterin des Frauen­Mentoring­Netzwerks «CareerElixier». Sie spricht damit einen wichtigen Aspekt an: Diversitätsförde- rung geht mit Gleichberechtigung einher und hat sehr viel mit Chancen- gleichheit zu tun. Das sieht auch Luana Schena so. Die 21­Jährige, die eine starke Sehbehinderung hat, studiert Geografie an der UZH und ist Mitglied der Arbeitsgruppe «Prozesse Studium und Behinderung». Dort bringt sie ihre persönlichen Erfahrungen mit ein und trägt damit einen wichtigen Teil dazu bei, dass auch Studierende mit Handi- cap den Studienalltag erfolgreich bewältigen können. Es braucht Perspektiven vielfalt Luana Schena, David Seidl und Tania Weinfurtner setzen sich aktiv für die Chancengleichheit an der UZH ein. Sie tun dies aus Überzeugung und sehen viele Vorteile in der Diversität. «Diversität stärkt einen offenen Diskurs und gibt den Blick auf unter- schiedliche Fähigkeiten, Kenntnisse, Herangehensweisen und Perspektiven frei», betont Weinfurtner, die sich an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WWF) für die Chancengleich- heit von Frauen einsetzt. Viele Unter- nehmen kennen die Vorteile von Diversität und nutzen die Tatsache, dass Vielfalt Innovation vorantreibt und die Produktion erhöht, für sich. Im Umkehrschluss ergeben sich bei mangelnder Diversität Nachteile. Das bestätigt auch die Forschung: «Es ist bekannt, dass diskriminierende Stereo­ typisierungen betroffene Personen dabei beschränkt, ihre Fähigkeiten zu entfalten», erläutert David Seidl. Wie weitreichende Auswirkungen man- gelnde Diversität haben kann, erklärt Luana Schena am Beispiel des Testens von Medikamenten, bei denen Frauen oft nicht ausreichend mitein bezogen werden. Dadurch werden geschlechts- Oec. Juni 2021

8 99 8 An der Fakultät gibt es 99 Professor*innen (Stand 1. Juni 2021). Die Fächerkombinationen bei den Studierenden sind sehr divers: So gibt es zum Beispiel die Kombinationen von Informatik und Ökonomik mit Kristallographie oder Softwaresysteme mit Religionsphilosophie. 88% An der Fakultät haben rund 88 % der Professor*innen einen internationalen Hintergrund. Sie stammen aus folgenden Ländern: Schweiz 11.84% Deutschland 42.4% Österreich 5.26% USA 8.73% Italien 7.89% andere 23.88% Oec. Dezember 2019 Oec. Juni 2021

0 1 Initiatoren waren durchaus bereit, für die barrierefreie Gestaltung des Moduls zusätzliche Gelder aufzuwen- den. Bei der taktilen Abbildung für Sehbehinderte und Blinde musste man sich allerdings auf die nötigsten Grafiken beschränken, um den finanziellen Mehraufwand im Rahmen zu halten. Diversity Policy der UZH Mit Blick auf die Massnahmen und Initiativen von der UZH und WWF skizzieren die Interviewten ein ambiva- lentes Bild. Sie alle begrüssen die zahlreichen Initiativen der Abteilung Gleichstellung und Diversität. Dazu gehört das Gleichstellungsmonitoring, der Aktionsplan Chancengleichheit und seit 2019 die Diversity Policy, mit der sich die UZH aktiv für die Förde- rung von Vielfalt und den Abbau von Diskriminierungen einsetzt. «Das ist alles gut und wichtig», sagt Dembah Fofanah, «aber ich kann in den Unter- lagen das Wort Rassismus nicht ein einziges Mal finden.» Er fordert eine aktive Reflexion des Themas, da auch Universitäten keinesfalls Orte frei von Rassismus seien und in ihnen histo- risch gewachsene Machtstrukturen «NUR WENN MAN VORURTEILE HINTER- FRAGT UND DARÜBER SPRICHT, KANN MAN SIE ÜBERWINDEN.» Luana Schena Bachelorstudentin in Geografie, Geschichte, Gesellschaft und Politik, Mitglied der Arbeitsgruppe «Studium und Behinderung» weiter fortbestünden. Gegen festgefah- rene Strukturen kämpfen auch Tania Weinfurtner und ihre Kolleginnen von «CareerElixier». Sie begrüssen, dass sich auf Universitäts­ und Fakultäts- ebene viel bewegt. Allerdings gibt es nach wie vor Institute, die keine einzige Vollprofessorin haben. David Seidl räumt ein, dass Diversität ein grosses Potenzial biete, welches bisher an der WWF noch nicht in seiner ganzen Breite erfasst wurde. Er würde es denn auch begrüssen, das Thema stärker im Studium selbst zu veran- kern: «Das würde nicht nur den Umgang mit Diversität unter unseren Studierenden fördern, sondern in Anbetracht der grossen Anzahl an Studierenden, welche später einmal ins Berufsleben eintreten, auch positive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft im Allgemeinen haben.» Umdenken und Handeln Zusammengefasst wird klar, dass Diversität zwar viele Chancen und ein enormes Potenzial in sich birgt, die Umsetzung jedoch grossen finanziellen und strukturellen Hürden gegenüber- steht. Um diese zu überwinden braucht es ein Umdenken. Wie kann das gelingen? Luana Schena plädiert für mehr Offenheit und Dialogbereitschaft: «Nur wenn man Vorurteile hinterfragt und darüber spricht, kann man sie überwinden.» Dieser Ansicht ist auch David Seidl, für den Diversität und die entsprechenden Massnahmen erst dann zur vollen Entfaltung kommen können, wenn Diversität wirklich als eine Chance und Stärke gesehen wird, statt lediglich eine normative gesellschaft- liche Erwartung. Auf der Ebene von Institutionen und Unternehmen müssen die Themen aktiv angegangen werden. «Gerade Institutionen tragen massgeblich dazu bei, wie sich eine Gesellschaft selbst begreift und was als Norm betrachtet wird. Dadurch beeinflussen sie auch stark unsere Weiterentwicklung in Richtung echter Chancengerechtig- «DAS VORHANDENE POTENZIAL EINER GESELLSCHAFT KANN BESSER AUSGESCHÖPFT WERDEN, WENN DIVERSERE BLICK- WINKEL UND ERFAHRUNGEN IN DEN PROZESS MITEINBEZOGEN WERDEN.» Dembah Fofanah Alumnus, BA Business Administration & Economics (2015), Co-Initiant und Projektleiter des Kollektivs «Vo da» keit», erklärt Dembah Fofanah. Isabelle Wrase rät daher Institutionen und Bildungsstätten sich zu fragen, ob man für jeden einen möglichst günstigen Eintritt in den sogenannten Meinungs- markt bietet, ob also jede Person die Chance hat, die eigenen Ideen und Meinungen frei zu äussern und diese auch Gehör finden. «Wird das Thema offen und proaktiv angegangen, stärkt es auch die Motivation der oder des Einzelnen, sich persönlich zu engagie- ren», ergänzt Tania Weinfurtner. Damit appelliert sie an uns alle, die wir als Teil der Gesellschaft Diversität aktiv fördern können. Fünf Perspektiven für ein Thema Im Kern geht es bei Diversität auch um Perspek- tivenvielfalt, weshalb in diesem Beitrag fünf Menschen zu Wort kommen, die alle einen unter- schiedlichen Zugang zum Thema haben. Es sind sowohl Alumni der WWF als auch aktuelle Stu- dierende und Vertreter von vielfaltsfördernden Organisationen der UZH. Sie alle haben entweder einen persönlichen Bezug zum Thema und/oder engagieren sich aktiv dafür. Oec. Juni 2021

FOKUS EINBLICK Viele Perspektiven für Vielfalt 2 1 Mehr Vielfalt bedeutet mehr Perspektiven, bessere Ideen und kreativere Lösungen. Auf dieser Doppelseite geben wir Einblick, welche Projekte und Initiativen es zum Thema Diversität an der UZH, an der Fakultät und bei unseren Alumni gibt. Projekte an der UZH Diversity-Policy: Vielfalt fördern – leben – nutzen Die UZH setzt sich aktiv für die Förderung von Vielfalt und gegen Diskriminierung ein. Die Diversity­Policy soll unter anderem dazu beitragen, dass gesetzlich e Vorgaben zur Antidiskriminierung und Inklusion noch bekannter werden und noch besser umgesetzt werden können. Weitere Informationen: bit.ly/uzh-diversity Neues Integrationsprogramm für Flüchtlinge Zahlreich e Flüch tlinge würden gerne an einer Sch weizer Universität studieren, doch oft sch eitert es an der Sprach e, dem Geld oder fehlenden Diplomen. Mit dem neuen Integrationsprogramm «START! Studium» möch te die UZH Flüch tlingen den Sprung ins reguläre Studium erleich tern. Weitere Informationen: bit.ly/uzh-refugees Frauenförderung in Big Data Das Projekt «Women in Big Data» der Digital Society Das Projekt «Women in Big Data» der Digital Society Initiative setzt sich für eine off ene und breite Diskussion Initiative setzt sich für eine off ene und breite Diskussion über den Aufb au, die Förderung und die Aufrech terhal­ über den Aufb au, die Förderung und die Aufrech terhal­ tung von Karrieren für Frauen in Unternehmens­ und Forsch ungsbereich en von Big Data ein. Weitere Informationen: bit.ly/women-big-data «Trans welcome» – auch an der UZH Seit 2019 unterstützt die UZH «trans welcome», ein Projekt von Transgender Network Switzerland (TGNS). Es ermutigt Transmensch en und Arbeitgeber*innen in der ganzen Sch weiz, eine Bewerbung und/oder ein Coming­out am Arbeitsplatz anzugehen. Weitere Informationen: transwelcome.� Oec. Juni 2021

FOKUS NACHGEFRAGT «We need a change in culture and gender norms» Ana Costa-Ramón is assistant professor of economics of child and youth development. She focuses part of her research on gender economics. We asked the expert about her views on gender differences. 4 1 What role does gender play in today’s economy? The labor advancement of women is one of the most important economic developments of the last century. We have seen a «Grand Gender Convergence» in industrialized countries, as Claudia Goldin, professor of economics in Harvard and honorary doctorate of the Faculty, calls it: a narrowing of the gender gap in labor force participation, earnings, hours worked, and education, where there has been a reversal of the traditional gender gap. Gender in today’s economy is highly relevant because we need to ensure that men and women have equal opportunities to contribute both in the workplace and at home, and that they can reach their full potential and well-being. Why do women often still earn less than men? There are many explanations why women still earn less than men do. However, recent work has highlighted again the important role of parenthood in the persistence of gender inequality in labor market outcomes. The evidence also suggests that women’s role in childbearing may disadvantage them in high- rewarding careers, often characterized by long, inflexible work schedules and strongly nonlinear pay schedules for hours worked. For these reasons, I believe that the solution to achieving equality must be a combination of a change in culture and gender norms to allow for a greater balance between work and care across genders, along with reducing the cost of flexibility at work that facilitates this task for parents. What suggestions do you have to promote equality and diversity within the Faculty? I believe our Faculty is doing a tremendous and exemplary job of providing support and the right environment to increase diversity and gender equality. In my opinion, mentorship is important, and in particular, female mentors for female junior researchers and students. In fact, we have evidence that mentoring pro- grams are a successful tool. How can we as a society counteract gender-typical socialization? Culture and norms are very persistent, but in order to change these patterns, firstly we should raise society’s awareness of implicit and explicit gender bias, and secondly we should pay a lot of attention to transmitting the same values to boys and girls. We need to convey that boys also cry and girls are also strong. We should not only raise daughters more like sons, but also raise sons more like our daughters. We need to be aware of our gender stereotypes and expectations about the roles and responsibilities of men and women. This is what will shape our future generations. Oec. Juni 2021

FOKUS CARTE BLANCHE 6 1 Was bedeutet Diversität für Sie? «WORTE «WORTE KÖNNEN NICHT KÖNNEN NICHT KÖNNEN NICHT NUR ETWAS TUN, NUR ETWAS TUN, NUR ETWAS TUN, SIE KÖNNEN SIE KÖNNEN SIE KÖNNEN AUCH ETWAS AUCH ETWAS AUCH ETWAS ANTUN.» ANTUN.» ANTUN.» Michael Hasler Lic. oec. publ. (1999) Selbstständiger Unternehmensberater, Transformationsberatung.ch Für mich ist Diversität der bewusste Umgang mit der Vielfalt in der Gesellsch aft . Es geht mir darum, die vielfältigen Leistungen und Erfah­ rungen von Mensch en zu erkennen, sie als Potenzial zu begreifen und zu nutzen. Wenn dies gelingt, können in einer Unternehmung nach weislich bessere Resultate erzielt werden. Das sehe ich auch als Erfolgsmodell der Sch weiz. Durch die vielen öff entlich en Diskus­ sionen in den letzten Jahren zu Themen wie Gendergerech tigkeit, Rassismus und Diskrimi­ nierung von Minderheiten habe ich gelernt, wie wich tig es ist, teils gewohnte Begriff e aus der Alltagssprach e zu überdenken, weil sie gewisse Bevölkerungsgruppen diskriminieren können. Wie wir mit Diversität am besten umgehen, sei es im Alltag oder in der Führung, bleibt eine stetige Herausforderung und man hat nie ausgelernt. So ach te ich bei Bewerbungen und Beförderungen sehr darauf, nich t in alten Stereotypen zu denken und zu handeln. Es darf nich t mehr sein, dass Bewerber mit fremdlän­ disch klingenden Namen oder Frauen mit Teilzeitwünsch en Nach teile auf dem Arbeits­ markt haben. Allerdings müssen wir auch aufpassen, dass wir durch den Fokus auf Minderheiten nich t durch eine «Umkehr­ diskriminierung» die Mehrheit vernach ­ lässigen und dadurch die wich tige gegenseitige Toleranz und Wert­ sch ätzung bedroht wird. Oec. Juni 2021

PORTRÄT 8 1 Mit geballter Energie und viel Balance Technologie-affin und analytisch, dennoch nahbar, neugierig und empathisch: Dr. Monika Krüsi besticht durch ihre energiegeladene Persönlichkeit, Optimismus und eine klare Linie. Immer in Bewegung hinterfragt sie stets den Status Quo – getreu ihrem Motto «höre nie auf zu lernen». Stillstand gibt es bei ihr nicht. Text _ Charlotte Ulmann Foto _ Petra Wolfensberger B ereits als Kind wollte sie Technikerin oder Forscherin werden: Ob beim Auseinandernehmen des Radios, beim Flieger zusammenbauen oder Experimentieren – die Faszination für komplexe Herausforderungen und das Herausdividieren und Lösen von Problemen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Monika Krüsi. Die promovierte Wirtschaftsinformatikerin hat einen beeindruckenden Lebenslauf. Mit Erfahrung in internationaler Unternehmensberatung als Basis, konzentriert sie sich aktuell hauptsächlich auf Verwaltungsratsmandate von technisch­produzierenden Unternehmen: etwa als Verwaltungsratspräsidentin beim Energiekonzern Repower und als VR­Mitglied bei Burckhard Compression, RUAG/ BGRB oder Energie 360°. Wie bringt man das alles unter einen Hut? Sie sei sehr diszipliniert, gut organisiert, und suche sich die Mandate bewusst danach aus, wo sie einen nachhaltigen Beitrag für das Unternehmen leisten könne, erklärt Krüsi. Nebst Industrie­ und Branchenwissen seien der Fokus aufs Wesentliche sowie schnelles Erkennen der Zusammenhänge wichtig, Neugierde und ein starkes Nervenkostüm gepaart mit Moderationskompetenz. Das gilt im Besonderen für die Rolle als Verwaltungsratspräsidentin. Facettenreich wie ein Mosaik Wer nun aber bei Krüsi, welche sich selbst als «technolo ­ gische Industriefrau» bezeichnet, eine durchwegs analytisch­ sachliche Persönlichkeit erwartet, wird eines Besseren belehrt. Äusserst kommunikativ und zugänglich ist sie, mit der Gabe, dem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, dass man sich bereits lange kennt. So zielstrebig und inhaltsgetrieben wie sie ist, so unverkrampft wirkt sie gleichzeitig. Ein Gegensatz? Vielmehr eine Frage der Balance! «Der Kontrast von Altem zu Neuem fasziniert mich, quasi die Brücke von Industrie zu digitaler Technologie sowie die Kunst, Neues zu entwickeln und dabei auf Bestehendem aufbauen», resümiert Krüsi. Nicht von ungefähr kommt daher ihre Passion für Mosaike – eine alte, aus der persischen Kultur entstammte Technik, mit der man auch heute noch hochmoderne Kunst machen könne. Entsprechend ausbalanciert fällt sie auch Entscheide: faktenbasiert und analytisch, jedoch nicht ohne den Faktor Mensch ausser Acht zu lassen. Ob sie Entscheide in ihrer bisherigen Karriere bereue? Viel wichtiger als rückwärts zu schauen sei es, vorwärts zu blicken – getreu der Prämisse, nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung zu sein, so Krüsi. Aber auch in sich hineinzuhören und lernen, «Nein» zu sagen, denn: «Ein Nein zu einer Opportunität kann einen auch vor vielen negativen Sachen bewahren.» Studierenden rät sie zudem, sich ganz konkret zu überlegen, auf was sie gerne stolz sein möchten – und dann darauf hinzuarbeiten. Immer in Bewegung – mit langem Zeithorizont Ihre Freizeit verbringt die 59­Jährige gerne aktiv: Mit Wassersport, Zumba­Tanzen oder bei unkonventionellen Reisen in exotische Länder – etwa mit dem Velo quer durch Kambodscha oder Guatemala. Und ja, die Arbeit mache ihr wirklich so sehr Spass, dass sie sie als Passion bezeichnen würde. Entgegen dem landläufigen Klischee des frühaufste­ henden Spitzenmanagers schätze sie dabei als «Nachteule» vielmehr die Ruhe und Klarheit der späten Abendstunden – durchaus auch mal bis drei Uhr nachts. Ob es denn etwas gebe, das sie noch unbedingt erreichen möchte? Für jedes VR­Mandat setze sie sich Ziele, so Krüsi. Bei Repower sei dies etwa, ein profitables, grösseres Wasser­ kraftwerk in der Schweiz zu erstellen. Aber auch Chinesisch lernen oder ihrer Passion für moderne Architektur und Kunst nachzugehen, zum Beispiel bei einem längeren Aufenthalt in New York. «Ich habe aber noch so viele weitere Ziele – dafür müsste ich wahrscheinlich 200 Jahre alt werden», schliesst sie lachend. Stillstand? Fehlanzeige. Ihre Meinung interessiert uns Wer soll hier als Nächstes stehen? Schreiben Sie uns: magazin@oec.uzh.ch Oec. Juni 2021

ALUMNI INSIGHTS 0 2 «Gestalten statt verwalten» Alexander Wagner, Professor für Finance, ist seit Sommer 2020 als Prodekan für die Weiterbildung und das Alumniwesen zuständig. Im Interview verrät er, welches seine Ziele sind und welche Weiterbildung sich aktuell besonders lohnt. Text _ Jasmin Rippstein und Charlotte Ulmann Foto _ Cedric Zellweger Was hat Sie an der Aufgabe als Prodekan Weiterbildung und Alumni gereizt? Ich erlebe die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät als dynamisch – es tut sich viel. Hinter allen Initiativen stecken aber engagierte Personen. Die Fakultät lebt nur, wenn jeder und jede von uns etwas beiträgt. Da ich schon lange mit Begeisterung in der Weiterbildung engagiert bin, habe ich mich gefreut, als ich gefragt wurde, das neue Amt zu übernehmen. Und das Thema «Alumni» hängt natürlich eng damit zusammen, denn wir können und wollen unsere Alumnae und Alumni zum lebenslangen Lernen anregen. Die Rolle des Prodekans Weiterbildung und Alumni wurde neu geschaffen. Was waren die Gründe dafür? Welches Potenzial und welche Herausforderungen sehen Sie in diesen beiden Bereichen? Haben wir aktivere Alumnae und Alumni mit mehr Einfluss in ihren Tätigkeitsbereichen, so erhöht das den Wert eines Abschlusses von unserer Fakultät sowie die Reputation und Anziehungskraft der Fakultät. Das erhöht wiederum die Möglichkeiten für Alumnae und Alumni, sich in Gesellschaft und Wirtschaft einzubringen. Diese Erfolgsspirale müssen wir mehr nützen als bis anhin. Unser Weiterbildungsangebot Oec. Juni 2021

LOKALTERMIN She speaks the language of business As a teenager, Hui Chen thought accounting was boring. But today she knows better: 2 2 it‘s the language of business. She is a professor with heart and soul, always striving to make her complex field accessible. And with one goal in mind: to make a real impact with her work. Text _ Fabienne Schumacher Foto _ Esteban Castle R esilience is the key. This is what Hui Chen learned in her childhood growing up in China. As a professor of accounting she likes complexity and learning new things. That is one reason she enjoys the university environ- ment so much. «I love to be surrounded by smart people and having an open­minded atmosphere.» When she was writing her PhD thesis, she realized that this was where she belon- ged. «I found that if I pursue an academic career, I could work at a university forever», she says with a smile. That is why she was never drawn to business. «I probably would not have fit well in a corporate environment, because you have to take orders and do things based on what your boss or company wants you to do. I‘d rather be able to decide for myself where I want to do research.» Chen loves to discover new places. She moved to the United States for her PhD and has now been in Switzerland for six years. «Yes, it is a challenge to move to a new country. But it is so important to see what the world is like outside of what you know.» Compared to the U.S., she misses diversity the most. «There are many different types of role models and leaders who are just not what you typically would expect in the stereotypes. We need more of them in Switzerland.» Accounting – an underestimated field Hui Chen probably inherited the accounting gene from her mother, who was an accountant at a company in China and always emphasized the importance of this profession. «I resisted for the longest time because I thought it must be the most boring thing. But look what I am doing today», the 48­year old laughs. Today, she knows the importance of this field. «Warren Buffett once said ‹accounting is the language of business›. I totally agree with him, it is the most impor­ tant communication a company can have with the rest of the world.» With an ease, Hui Chen explains the complexities of financial accounting. How it is the basis for important investment decisions, why it is not intuitive at all, and why it often runs unnoticed in the background. «Unless there is a big scandal, everyone will hear about it», she laughs. Even though her work runs in the background, it is an important piece of the economic puzzle. This is because research in financial accounting has a direct impact on the international accounting standards that companies must adhere to. «This interaction between academia and regulators fascinates me and makes me feel like my work is really having an impact.» Bottle neck of life When asked about the biggest challenge in her life, Hui Chen mentions the time when she was writing her PhD thesis and starting a family at once. «Because I was pregnant while writing the thesis, my friends always joked that my son was my co­author», she laughs. «But the early stage of career as an academic was really tough. As a young assistant professor, you have to catch up on so many fronts: You need to build up your research portfolio, write papers and learn how to teach. All of that takes time, and you just had a newborn baby. It is like a bottle neck in your life.» Still, she would not do it any other way, though. Because two things are important to her in life: family and work. «A family is like an anchor and keeps you grounded. A job that you like is just as important. Everything else is just a bonus.» She appreciates that universities are taking steps in the right direction by taking measures, because it is important to give young women more flexibility during this time. A researcher with heart and soul For Hui Chen, her profession is a calling. That makes it sometimes hard to separate work from life. «Every now and then I think it would be nice to have a job where you do not take work home with you. But that is never going to happen with a researcher. You cannot turn it off, it is like a computer program running in the background.» That is why she will probably never stand still. Her next big goal? To understand where the cut­off is between principle and rule­based accounting. «Too many rules make people inventive to avoid the rules. Too few rules leave too much room for interpreta- tion. So where is the optimal point?» Oec. Juni 2021

STUDI MEETS Berufschancen? Exzellent! 4 2 In der zweiten Folge von «Studi meets…» sprechen zwei Informatik- Studierende über Emotionen im Studium, Online-Vorlesungen, Berufsaussichten und die Frage, wie es als Mann ist, Informatik zu studieren. Ein Auszug aus dem Gespräch. Text _ Fabienne Schumacher Fotos _ Esteban Castle «Als Informatiker*in sitzt man nicht nur vor dem Computer und hackt. Man sollte in der Lage sein, eng mit Menschen zusammenzuarbeiten.» D am a r i s S c hm i d W as passiert, wenn man Studierende mit unterschiedlichen Personen für ein Gespräch an einen Tisch setzt? In der neuen Serie «Studi meets…» möchte das Oec. Magazin genau das herausfinden. Dabei treffen Studierende auf verschiedene Gesprächspartner*innen der Fakultät: Alumnae und Alumni, Professor*innen, Forschende, Doktorierende oder Mitarbei- tende. Die Vorgaben sind einfach – es gibt keine. Falls das Gespräch einmal ins Stocken geraten sollte, gibt es vorgefertigte Zettel mit Fragen. In der zweiten Folge begegnen sich PhD-Student Dzmitry Katsiuba und Master- studentin Damaris Schmid. «Ich fand am Studium besonders wertvoll, die Begeisterung der Dozierenden für das Fach mitzuerleben.» Dzmitry Katsiuba Dzmitry Katsiuba (links) ist PhD-Student. Damaris Schmid (rechts) studiert Information Systems im Master und ist Präsidentin des Fachvereins Informatik ICU. Oec. Juni 2021

UPDATE Neues aus der Forschung 6 2 Wie Mitstudierende die eigenen Noten verbessern Eine Studie von Prof. Ulf Zölitz von Institut für Volkswirtschaftslehre zeigt, dass nicht nur der Notendurchschnitt, das Geschlecht oder die Herkunft der Kommiliton*innen den eigenen Studienerfolg beeinflussen können, sondern auch deren Persönlichkeit. Viel Kontakt und Interaktio- nen mit sorgfältig arbeitenden Mitstudierenden verbessert die eigene Leistung. Dieser Effekt bleibt sogar bis in spätere Semester bestehen. Weitere Informationen: bitl.ly/uzh-peers Pendeln als Chance Weltweit pendeln Menschen durchschnittlich 38 Minuten pro Strecke. Diese Zeit wird oftmals genutzt, um zwischen der Rolle zu Hause und der Rolle bei der Arbeit zu wechseln. Eine Studie von Prof. Jochen Menges vom Institut für Betriebs­ wirtschaftslehre sowie weiteren Forschenden unter- suchte, welchen Einfluss diese tägliche Routine auf die Arbeit hat. Sie zeigte, dass lange Arbeitswege für Mit­ arbeitende mit geringer Selbstkontrolle und grösseren Konflikten zwischen Arbeit und Familie zu geringerer Arbeitszufriedenheit und erhöhter Fluktuation führt. Weitere Informationen: bit.ly/uzh-pendeln Familiäres Arbeitsumfeld birgt auch Risiken Viele Unternehmen fördern eine familienähnliche Atmosphäre, um Loyalität und kollegialen Zusammen- halt zu stärken. Eine Studie von Prof. Lauren Howe vom Institut für Betriebswirtschaftslehre zusammen mit Prof. Saera Khan von der Universität San Francisco zeigt nun, dass dies ein potenzieller Nachteil sein kann. Denn Mitarbeitende, die in einer familienähnlichen Firmenkultur arbeiten, sind weniger geneigt, auf Fehlverhalten innerhalb des Teams hinzuweisen. Um dies zu verhindern, müssen Unternehmen zusätzliche ) 1 ( h c e t l a C - L P J / A S A N , ) 1 ( 3 8 o n a r i , k c o t S i : o t o F Oec. Juni 2021

UPDATE Neues aus der Fakultät 8 2 Rankings Top 5 im BWL-Ranking Im Ranking der Wirtschaftswoche zu den for- schungsstärksten Hochschulen in der Betriebs­ wirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum belegt die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät den fünften Platz. Werden ausschliesslich Publikationen in A­ und A+­Journals berücksichtigt, liegt die Fakultät sogar auf Rang eins. Europaweit bester MSc in Quantitative Finance Im aktuellen Risk.net­Ranking erreicht der Joint Master UZH ETH in Quantitative Finance den vierten Platz der weltweit besten Master programme in Quantitative Finance. Im europäischen Vergleich belegt der Master sogar den ersten Platz. . Beförderungen Lorenzo Casaburi wurde per 1. Januar 2021 zum ausserordentli- chen Professor für Entwicklungs- ökonomie der Swiss Re Foundation ernannt. Casaburi hat seinen PhD an der Harvard University erlangt und kam 2016 als Assistenzprofes- sor an das Institut für Volkswirtschaftslehre. Auszeichnungen und Förderungen Im Rahmen des diesjährigen Dies academicus erhielt Bruno Robert Jacques Biais, ordentlicher Professor in Finance an der HEC Paris, die Ehrendoktorwürde der UZH verliehen. Das Institut für Banking und Finance nominierte Biais aufgrund der Viel seitigkeit und Bedeutung seiner fundamentalen Beiträge zur Weiterentwicklung der akademischen Forschung in den Bereichen Finanz­ wesen, Vertragstheorie, politischer Ökonomie, experimenteller Ökonomie und Blockchain. Prof. Steven Ongena hat zusammen mit Dr. Anette Krauss, Mrinal Mishra, Dr. Jonathan Fu und dem Kooperationspartner Women‘s World Banking einen Grant von über einer Million US Dollar für das Projekt «Making Data Work for Women: Innovative AI for Women’s Financial Inclusion» erhalten. Die Teil­ projektsumme für das Projektteam am Institut für Banking und Finance beträgt rund 450‘000 US Dollar. Finanziert wird der Grant von der Rockefeller Foundation und der Mastercard Foundation. Oec. Juni 2021

0 3 Akkreditierungen Ende 2020 hat die Fakultät die Re­Akkreditierung von EQUIS für weitere fünf Jahre erhalten. Das Experten­ gremium bestätigte die hohe Qualität der geprüft en Kriterien an unserer Fakultät und hob insbesondere die exzellente Forsch ung sowie die ausgezeich neten Beziehungen zur Unternehmenswelt hervor. Diese Auszeich nung bekräft igt, dass die Fakultät im internationalen Vergleich zu den besten Sch ulen in Business und Economics gehört. Im Mai 2021 fand ausserdem die virtuelle Site Visit für die AACSB Re­Akkreditierung – dem amerikanisch en Pendant von EQUIS – statt . Während vier Tagen fühlte das Expertenkomitee versch iedensten Vertreter*innen aus Fakultät und Wirtsch aft auf den Zahn. Den ausführli� en Beri� t zum Akkreditierungs ents� eid von AACSB fi nden Sie Sie ab Mitt e Juni auf unserer Webseite: oec.uzh.� Studium und Lehre Neue Studienprogramme Ab dem Herbstsemester 2021 führt die Fakultät mehrere neue Masterstudienprogramme ein. Die neuen Programme in Artifi cial Intelligence (Major), Marketing, Sports Management und Sustainable Finance (allesamt Minors) basieren auf Themenbe­ reich en, in denen die Fakultät über besonderes Know­how verfügt und sich international noch stärker positionieren will. Weiterentwicklung der Lehre Die Corona­Pandemie hat zu einer immensen Digitalisierung der Lehre an der Fakultät beigetra­ gen. Nahezu alle Vorlesungen wurden 2020 online abgehalten und über 32‘000 Prüfungen online absolviert. Nun besch äft igen sich versch iedene Fokusgruppen mit der Frage, welch e Learnings daraus gezogen werden können und wie sich die Lehre künft ig weiterentwick eln soll. Erste Outputs sind für Ende 2021 geplant und werden in der näch sten Ausgabe publiziert. Kontakt Universität Zürich , Dekanat Wirtsch aft swissensch aft lich e Fakultät Rämistrasse 71, 8006 Zürich magazin@oec.uzh.ch Abonnieren Das Oec. Magazin kann gratis abonniert werden: magazin@oec.uzh.ch ISSN ISSN 2571­5143 Bilder zVg (sofern nich t anders angegeben) oec.uzh.� /oec Impressum 15. Ausgabe Herausgeber Wirtsch aft swissensch aft lich e Fakultät der Universität Zürich www.oec.uzh.ch OEC ALUMNI UZH www.oecalumni.ch UZH Alumni Informatik www.alumni.ch Projektverantwortung Dekanat der Wirtsch aft s­ wissensch aft lich en Fakultät der Universität Zürich Jasmin Rippstein, Fabienne Sch umach er, Charlott e Ulmann Gestaltung artdepartment.ch Adrian Hablützel Druck Stämpfl i AG Inserate magazin@oec.uzh.ch Aufl age 4500, ersch eint zweimal jährlich Oec. Juni 2021

Keynote by Mary Mary Robinson Robinson Former President of Ireland Founder of Climate Justice Sustainability Sustainability and growth: and growth: clash or chance? clash or chance? Forum for Economic Dialogue 2021 With Nobel Laureate Jean Tirole, Bjørn Lomborg, Reto Knutti, and more. Forum for Economic Dialogue 9 November 2021 | Kongresshaus Zurich Information and free registration: ubscenter.uzh.ch . n e d n S p i i l i h P y b e n o t s y e K © o t o h P