Hedge-Fonds maximale Kohle zu machen», fährt Tingler fort, es handle sich aber um ein veraltetes Vorurteil, alle Manager und Unternehmensführer in diesen einen Topf zu werfen. Als Entscheidungsträger sei es wichtig, sich über Werthierarchien und den Sinn oder höheren Zweck einer ökonomischen Unter- nehmung Gedanken zu machen: «Das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Faktoren ist schon da. Eine besondere Rolle kommt darum den wirtschaftswis- senschaftlichen Fakultäten zu, damit diese den kom- menden Entscheidungsträgern dieses Bewusstsein und die dazugehörigen Werte vermitteln können. Denn diese Fakultäten sind die global vernetzten Think-Tanks der Zukunft». «Es gab nicht mal einen Plan B» Tinglers nächstes Buch ist bereits in Planung, er schreibt regelmässig für verschiedene Publikatio- nen oder tritt im Fernsehen auf. Kurz: Das Geschäft läuft. Ist der Traum vom Industriekapitän doch wahr geworden? «Auf meine eigene kleine Art bin ich ja nun Manager, und zwar der meiner eigenen kleinen Firma. Ich bin jetzt einfach auch das Produkt und schaue immer, wie diese Marke positioniert ist», stellt er zufrieden fest. Das Schreiben sei zwar immer schon dagewesen, es habe aber nie einen Masterplan gegeben: «Es gab nicht mal einen Plan B.» War so viel Selbstbewusstsein vorhanden? «Entweder das, oder es fand einfach keine Refl exion statt über mein Tun», erzählt er lachend und fügt hinzu: «Wissen Sie, manchmal muss man dem Leben ein bisschen vertrauen, man muss ein bisschen Freundlichkeit investieren. Dann kommt das Leben einem auch entgegen.» Er ist sich durchaus bewusst, dass er als erfolgreicher Autor aus einer privilegierten Warte spricht. Als Teil des Literaturbetriebs – dem manche bereits schwere Zeiten prophezeit haben – ist er sich aber auch sicher, dass es immer einen Absatz geben wird für Literatur: «Wenn ich mir so überlege, wie viele Titel jedes Halbjahr erscheinen, müssen wir uns nicht darum sorgen, zu wenig Auswahl zu haben. Bü- cher werden weiterhin gekauft, trotz der E-Reader.» Auf die Frage, welches Buch er den Entscheidungs- trägern dieser Welt empfehlen würde, antwortet er nach einer kurzen Pause mit «Herr der Fliegen» von William Golding. Bei der letzten Lektüre sei er fast konsterniert gewesen von der Zeitlosigkeit der Botschaften im Buch und davon, wie schnell es gehen kann, bis zivilisatorische Errungenschaften sich aufl ö- sen: «Der Erste, der immer dran glauben muss, ist der dicke Junge mit der Brille, der eigentlich die klugen Sachen sagt. Und ich glaube, wir sind auch wieder an einer Schwelle, an der wir schauen müssen, dass dem dicken Jungen mit der Brille nichts passiert.» Philipp Tingleu ist Schweizeu (aus Nei- gung) und Beulineu (von Gebuut). Eu stu- dieute Wiutschaftswissenschaften und Philosophie in St. Gallen, London und Zü- uich und veufasste eine Disseutation übeu den tuanszendentalen Idealis8us. Als Schuiftstelleu und Essayist 8ehufach aus- gezeichnet, schueibt eu neben Ro8anen, Kuuzpuosa und Sachbücheun uegel8ässig füu Zeitungen, Zeitschuiften, Rundfunk und Feunsehen. Deuzeit ist eu i8 SRF Li- teuatuuclub zu sehen und 8odeuieut die Beuneu Reden. «Natürlich gibt es immer noch solche London City Boys, denen es nur darum geht, mit ihren Hedge-Fonds maximale Kohle zu machen.» Philipp Tingleu Oec. Juni 2017 21 dem ist er heute als Schriftsteller froh, dass er über dem ist er heute als Schriftsteller froh, dass er über ein fundiertes wirtschaftliches Wissen verfügt, denn ein fundiertes wirtschaftliches Wissen verfügt, denn seiner Meinung nach gehört die ökonomische Sphäre seiner Meinung nach gehört die ökonomische Sphäre zu den leitenden unserer Zeit: «Die Menschen richten zu den leitenden unserer Zeit: «Die Menschen richten sich danach aus, und jeder äussert sich irgendwie sich danach aus, und jeder äussert sich irgendwie dazu, gerade auch Künstler oder Schriftsteller. Und bei einigen Äusserungen denke ich dann jeweils, dass es nicht geschadet hätte, zuvor mal ein Semester VWL belegt zu haben.» Philosophische Antworten auf ökonomische Fragen Die Gebiete der Ökonomie und der Philosophie überschneiden sich häufi g, in der gesamtgesell- schaftlichen Diskussion komme das aber leider zu wenig zur Geltung, meint Tingler, der auch das Zürcher Bürgerrecht hat. Dabei würde es aber genau da erst richtig interessant: «Fragen wie ‹Was ist eine gerechte Einkommensverteilung?› oder ‹Kann ich in Kauf nehmen, dass es einigen Leuten schlechter geht, wenn es einer quantitativ grösseren Zahl von Menschen besser geht?› werden immer auch philo- sophisch beantwortet.» Die Beantwortung solcher und ähnlicher Fragen bedinge gerade als CEO eine grosse Refl exion, die weit über reines Profi tdenken hinausgehe: «Natürlich gibt es immer noch solche London City Boys, denen es nur darum geht, mit ihren